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Autoren & Bücher

BUCHREGAL: FUNDSTÜCKE

Drei lesenswerte Bücher

Ab und zu schweifen die Augen über unsere Bücherregale und bleiben an dem einen oder anderen Buch hängen. Bücher die wir gelesen haben und die wir in Ermangelung interessanter Neuerscheinungen dann meist ein weiteres Mal lesen. Zum einen, da wir den Inhalt in grossen Teilen bereits vergessen haben, aber die positive Stimmung und das Aha-Erlebnis in angenehmer Erinnerung geblieben sind. Bücher, die einem Dennis Scheck nicht in Hände gefallen sind und von daher nicht in die Tonne gepfeffert werden konnten. Also - vertrauen Sie mir und lassen Sie sich überraschen. Dupont & Dupont

7Gründe

7 Gründe einen Verlag zu machen

7 Gründe einen Verlag zu machen oder über den Spass, den es macht, sein Leben den Büchern zu widmen. Dieser schmale Band ist eine Fundgrube an Literaturhinweisen, eine Buchreveu sondergleichen, die über Jahrzehnte hinweg das Wagnis und die Gründe von sieben Verleger:innen aufzeigt, was sie dazu bewogen hat einen Verlag zu gründen. Die Gründungsgeschichten an sich sind schon das Buch wert, doch am Interessantesten sind die Bücher, die diese Gründer:innen als Geburtshelfer in den Buchmarkt entlassen haben. Abgesehen von den Widrigkeiten, mit denen kleine Verlage heute grösstenteils zu kämpfen haben, ist den Verleger:innen ihr Humor nicht anhanden gekommen. Beispiel: "Wie macht man ein kleines Vermögen? Man nimmt ein grosses Vermögen und gründet einen Verlag". Dieses Zitat und weitere, teils verrückte Geschichten wie Bücher geboren werden, machen das Buch auch zum Zeitzeugen deutscher Verlagskultur. Ganz nebenbei werden dem Leser dabei auch Bücher vorgestellt, die Neugierg machen, die aber in der Flut von Neuerscheinungen irgendwie untergingen. Die Gründe, die die hier versammelten sieben Verleger:innen nennen, sind dabei sehr unterschiedlich. Gemeinsam ist allen Sieben die respektvolle Zusammenarbeit mit ihren Autor:innen.
Mit Beiträgen von:
  • Dinçer Güçyeter (gründete 2012 den Elif Verlag)
  • Wolfgang Hörner (leitete 1998 bis 2008 Verlag Eichborn Berlin, gründete 2009 Galiani Berlin)
  • Britta Jürgs (gründete 1997 den AvivA Verlag)
  • Benno Käsmayr (gründete 1969 den Maro Verlag)
  • Hanna Mittelstädt (gründete 1973 m. Pierre Gallissaires u. Lutz Schulenburg Edition Nautilus)
  • Monika Osberghaus (gründete 2009 den unabhängigen Klett Kinderbuch Verlag)
  • Jörg Sundermeier (gründete 1995 mit Werner Labisch den Verbrecher Verlag)

Dinçer Güçyeter, Wolfgang Hörner, Britta Jürgs u.a., 7 Gründe, einen Verlag zu machen, März Verlag Berlin 2024, ISBN 978-3755000457, Paperback, 148 Seiten, 20,00 Euro




Echo

Echo. Ein Essay über Algorithmen...

Ein investigativer Bericht über eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit: Das Blind Date der Menschheit mit der künstlichen Intelligenz. Lena Lindgren betrachtet die heutige Gesellschaft durch die Linse des griechischen Mythos von Echo und Narziss. Die Autorin zeigt in ihrem Essay, dass diese Geschichte uns erkennen lässt, wie wir heute kollektiv den Bezug zur Realität verlieren, weil wir genau wie Echo und Narziss in eigens geschaffenen medialen Räumen (der Echokammer und dem Spiegelsaal) gefangen sind. Die Beispiele und Personen, die Lindgren in diesem Buch aufführt, sind die typischen "Medienpersönlichkeiten" unserer Zeit: Donald Trump, der Investor und Strippenzieher Peter Thiel sowie sein spiritueller Lehrer, der Religionshistoriker Rene Girard. Nicht fehlen dürfen dabei Elon Musk und Jeff Bezos, die mit ihren Raumfahrtprojekten die Flucht von diesem Planeten üben. Lena Lindgren ist überzeugt, dass die Radikalisierung, die wir alle erleben, Ausdruck einer fehlgeleiteten Spiritualität ist. Wir sind getrieben von einem Bedürfnis nach "etwas Grösserem", dem Streben nach Liebe und einem Gefühl der Zugehörigkeit. In einem persönlichen und poetischen Stil hat die Autorin eine "Theorie" darüber aufgestellt, warum die Welt einen Umbruch erlebt, und warum wir diesen nicht unbeschadet, oder unberührt, überstehen werden. Unbedingt lesen!

Lena Lindgren ist Journalistin und ehemalige Redakteurin der norwegischen Wochenzeitung Morgenbladet. Ihr Buch "Echo. Ein Essay über Algorithmen und Begehren" hat in Norwegen und Dänemark begeisterte Kritiken erhalten und wurde mit dem norwegischen Literaturpreis Brageprisen für das beste Sachbuch 2021 ausgezeichnet.

Lena Lindgren, Echo. Ein Essay über Algorithmen und Begehren, Kommode Verlag Zürich 2024, ISBN 978-3905574203, Gebunden, 280 Seiten, 26,00 Euro



7Gründe

Der kleine Kaukasus

Andreas Rebers, den meisten durch seine Kabarett-Bühnenprogramme bekannt, liefert mit seinem Buch Der kleine Kaukasus Einblicke in seine Kindheit und Jugendzeit, die er im niedersächsischen Weserbergland verbrachte. Der Vorsteher der schlesischen Bitoken und Verkünder des grossen Mompel, eine von Rebers gegründete schlesische Religions- und Zweckgemeinschaft, stellt uns im kleinen Kaukasus eben jenen niedersächsisch-schlesisch durchdrungenen Heimatort und seine absonderliche Familie vor. Ein kriegsversehrter Vater, dessen Liebe zum Beton seine Urwüchse in einem ständig erweiterten Langhaus ausgelebt werden, dessen Flur mitten durch die Zimmer führt. Und zum anderen die schlesische Mutter die mit rauer Herzlichkeit und Liebe ihre vielen Kinder verhaut, um die Grossfamilie unter Kontrolle zu halten. Dieser schlesische Einschlag scheint auch die Triebfeder des jungen Rebers zu sein, der mit seiner Stimmungskapelle Los Promillos erste musikalische Erfahrungen sammelte. Sein Markenzeichen auf der Bühne sind Harmonium und Akkordeon, mit denen er virtuos die Zustände auf dieser Welt musikalisch erklärt. Heimatgeschichte deluxe, die Polka als Sinnbild für deutsche Steuererklärungen. Andreas Rebers reist zurück in seine Kindheit in den 1960er und 1970er Jahren und beschreibt mit lakonischem Humor und präzisen Erinnerungen was den Menschen Rebers ausmacht. Bemerkenswert: Selten sind die gedruckten Werke von Kabarettisten lesbar, bzw. können mit den Bühnenprogrammen mithalten. Der kleine Kaukasus macht hier eine Ausnahme. Die Geschichten spiegeln auch wieder, weshalb dieser Ausnahme-Kabarettist mit den wichtigsten Preisen, wie Salzburger Stier, Der Deutsche Kabarettpreis, Prix Pantheon und Deutscher Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurde. Ein Kabarettist mit klare Ansagen, wie die Haue von Muttern.


Andreas Rebers, Der kleine Kaukasus, Heimatgeschichten, WortArt Köln 2011, ISBN 978-3841901118, Paperback, 300 Seiten, 15,95 Euro